So kommt mehr Tempo rein

Automatisierung im Anlagenbau

Im Steuerungs- und Schaltanlagenbau geht es schon lange nicht mehr „nur“ um die Qualität von Produkten. Es geht um den Prozess. Dieser muss einfacher, effizienter und vor allem schneller werden. Dies gelingt mit der klugen Verbindung zwischen Hardware und Software, über Digitalisierung und Automatisierung. EPLAN und Rittal begleiten Unternehmen von Anfang an durch Value Chain Consulting sowie Engineering- und Automatisierungs-Know-how.

Der Anteil manueller Arbeit ist im Steuerungs- und Schaltanlagenbau bis heute hoch – was die Branche für aktuelle Entwicklungen wie den Fachkräftemangel besonders anfällig macht. Gerade die Verdrahtung kostet viel Arbeit und vor allem Zeit, die man oft nicht hat. Doch was sind echte Tempomacher in der Praxis und wie fängt man richtig an?

„Die Basis für einen effizienten Steuerungs- und Schaltanlagenbau ist ein hundertprozentig korrekter Stromlaufplan“, erläutert Uwe Harder, Leiter EPLAN Consulting. „Alle weiteren Schritte bauen auf dieser digitalen Basis auf – allerdings wird heute oft nur ein logischer Stromlaufplan erstellt, der nicht bis auf die Drahtebene hinuntergeht. Dann fehlen Details wie Farbe und Durchmesser eines Drahts oder die genaue Klemmenzahl. Diese Lücken wirken sich dann vor allem in der Fertigung aus, wo viel Fachwissen notwendig ist, um trotz unvollständiger Unterlagen einen funktionierenden Schaltschrank zu fertigen. Dass auf einer solchen Basis Automatisierung nur eingeschränkt möglich ist, ist logisch.“

Harder zählt die wichtigsten Faktoren für einen effizienten Prozess auf: „Das beginnt mit der Entwicklung von Konstruktionsmethoden und -standards – und das übergreifend über alle Disziplinen. Integrierte Systeme ermöglichen einen ganzheitlichen Blick auf das Produkt und sind die Voraussetzung für eine wirklich umfassende digitale Abbildung – einen digitalen Anlagenzwilling.“ Die Arbeit der Consultants von EPLAN beginnt klassisch mit einer sorgfältigen und umfassenden Prozessanalyse, bei der der Ist-Zustand aufgenommen wird. Harder weiter: „Da geht es nicht nur um die Anbindung an andere Abteilungen, beispielsweise mit SAP, sondern auch ganz konkret im Engineering selbst, etwa an die Klemmenkonfiguratoren der Hersteller. So lassen sich viele Prozesse und Abläufe, die heute noch manuell ablaufen, digitalisieren und damit automatisieren. Gleichzeitig entstehen hier in EPLAN die vollständigen Unterlagen, die später in der Fertigung als Basis zur Automatisierung dienen.“


Das Potenzial liegt im Prozess

Dass diese Automatisierung großes Potenzial für Optimierungen bietet, zeigen Zahlen von Matthias Schüler, Abteilungsleiter Value Chain Consulting bei Rittal. Dort hat man im Rahmen einer Benchmark-Studie einen vorher definierten Schaltschrank integrieren lassen – manuell, teil- und vollautomatisiert. Erforderte die Integration ohne weitere Hilfsmittel von der Auftragserteilung bis zur Fertigstellung 58 Stunden, konnte die Fertigungszeit mit einfachen Automatisierungslösungen auf 34 Stunden gesenkt werden. Im vollautomatisierten Prozess war der Schrank dann in nur 24 Stunden fertig – zweieinhalbmal so schnell wie im manuellen Prozess. Schüler bewertet das Ergebnis: „Ein großes Einsparpotenzial liegt im Prozess, nicht im Produkt! Der manuelle Prozess wird zum Ende hin immer arbeitsintensiver, hierbei investiert man typischerweise weniger Zeit in die Konstruktion und Erstellung der digitalen Daten. Automatisierte Prozesse erfordern dagegen mehr Vorbereitung, während sich der Zeitbedarf im Verlauf des Prozesses verringert – Vorbereitung zahlt sich also aus.“ Auch in diesem automatisierten Prozessschritt lässt sich die Erstellung der digitalen Daten optimieren, beispielsweise indem bei der 3D-Schaltschrankplanung in EPLAN Pro Panel die Komponentendaten aus dem EPLAN Data Portal eingesetzt werden, statt auf Step-Daten der Hersteller zurückzugreifen. Zwar enthalten die Step-Daten genaue Geometrien der Komponenten, die auf der Montageplatte positioniert werden sollen, aber eben nicht mehr. Der Datensatz einer Komponente im EPLAN Data Portal enthält neben der Außengeometrie die Position und Bedeutung der Anschlüsse, die Position und Art der Befestigungspunkte sowie weitere Informationen beispielsweise für die thermische Analyse des Schaltschranks.

Richtige Daten sparen Zeit

Ein Datensatz im EPLAN Data Portal ist quasi der digitale Zwilling einer Komponente, mit allen Informationen, die im weiteren Prozess benötigt werden – von der automatisierten Herstellung der Montageplatte mit Bohrungen, Gewinden und Ausbrüchen bis zur Verdrahtung. Im Data Portal stehen 2,5 Mio. Datensätze für Komponenten von 400 Herstellern bereit – es bedeutet also keine Einschränkung, diese Daten zu nutzen.

„In einer Studie brachte die Nutzung des Data Portals allein sieben Stunden Zeitersparnis gegenüber der Nutzung von Step-Daten im Layout“, verdeutlicht Schüler die Vorteile. Sind alle Komponenten platziert, kann die Software die Drähte vollautomatisch routen. Anhand der Drahtdurchmesser lässt sich der Füllgrad der Kabelkanäle berechnen. Klemmen und Komponenten können an Konfektionierungsprogramme und ERP-Systeme zur Bestellung übergeben werden. Alle im Engineering erzeugten Daten können dann in einem Projekt – abgeleitet aus dem „Digital-Twin“ – an das Auftragsmanagement-Tool RiPanel Processing Center übergeben werden. Dort erfolgt dann die Zuordnung der Aufträge an die unterschiedlichen Prozessschritte.


Digitale Arbeitshilfen

Vor allem die Verdrahtung ist ein langwieriger, fehleranfälliger und komplexer Arbeitsschritt, den Rittal und EPLAN mit unterschiedlichen Lösungen optimieren und effizienter gestalten. Hier ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie sie EPLAN Smart Wiring bietet, hilfreich. Der Mitarbeiter bekommt jeden Draht einzeln gezeigt – auf Wunsch in 3D. Somit erfolgt die Verdrahtung komplett System geführt und wird zusätzlich durch die sequenziell angeordneten oder angeforderten Drähte aus dem Wire Terminal unterstützt: vom ersten Anschlusspunkt auf der Klemmleiste über die Visualisierung des Verlegewegs im Kabelkanal bis hin zum richtigen Anschluss an der elektrischen Komponente. „Fehler fallen schneller auf, der Arbeitsfortschritt ist genau dokumentiert und die Verdrahtungskanäle werden gleichmäßig befüllt, wie dies die Software im Engineering berechnet hat. Fehlerhafte Drahtverbindungen sind somit nahezu systematisch ausgeschaltet, so dass diese Arbeit theoretisch auch von Nichtelektrikern ausgeführt werden kann“, erklärt Tim Kramer, Abteilungsleiter Rittal Automation Systems. Eine zusätzliche Sicherheit geben vorkonfektionierte Drähte – diese werden so produziert und sequenziell angeordnet, wie sie später verarbeitet werden sollen. Rittal Maschinen nutzen die Daten aus EPLAN, um Drähte zu konfektionieren. Mithilfe von Smart Wiring wird der Werker dann so geführt, dass er die Drähte in der Reihenfolge einbaut, wie sie von der Konfektioniermaschine ausgegeben wurden. So erleichtert Automatisierung nicht nur die Arbeit, sondern kann auch dabei helfen, den gegenwärtigen Facharbeitermangel zu lindern.